Bulletin Nr. 27; März 2000
Gassenarbeit für Migrantinnen im Sexgewerbe
FIZ-Gassenprojekt: Der Anfang und das Ende
Bekannt war es in der Stadt Zürich, das Projekt femme totale der ZAGJP, der
Zürcher Arbeitsgemeinschaft für Jugendprobleme: Bekannt dafür, politisches
Engagement für Frauen im Sexgewerbe deutlich nach aussen zu vertreten,
parteilich und kompromisslos. Doch das femme totale wie auch andere
Projekte der ZAGJP konnten durch den fehlenden politischen Willen, sie zu
finanzieren, nicht mehr weitergeführt werden. 1999 übernahm das FIZ,
Fraueninformationszentrum für Frauen aus Afrika, Asien und Lateinamerika,
auf Anfrage des Sozialdepartementes hin das ehemalige femme totale. Ziel
war, durch Gassenarbeit Frauen im Sexgewerbe zu erreichen und in erster
Linie ihre Selbstorganisation zu unterstützen, Gewaltprävention vor Ort zu
leisten und Frauen, die von Frauenhandel betroffen sind in Zusammenarbeit
mit der Beratungsstelle des FIZ Orientierungshilfe und Kriseninterventionen
zu bieten. Gassenarbeit beinhaltet jedoch mehr: Auf Stressituationen
eingehen, rechtliche und soziale Probleme erörtern und gemeinsam
Lösungsstrategien zu suchen. Es zeigte sich, dass die Arbeit von Fachfrauen
unabdingbar ist.
Insbesondere illegalisierte Sexarbeiterinnen sind vermehrt von Gewalt
seitens Zuhältern, Ehemännern oder anderen Profiteuren betroffen: Ihre
Möglichkeiten gegen Gewalttäter vorzugehen sind stark eingeschränkt und
minimalster Schutz ist nicht gewährleistet. Auch Polizeikontrollen bedeuten
vermehrten Stress. Von Frauenhandel betroffene Frauen können kaum gegen die
Täterschaft vorgehen, da sie durch ihre Illegalität kriminialisiert werden
und von einer sofortigen Ausschaffung bedroht sind. Hinzu kommt, dass diese
Frauen im Falle einer Aussage in der Schweiz wie auch im Herkunftsland an
Leib und Leben bedroht sind. Diese Konstellation macht es geradezu
unmöglich, einerseits gegen Täter vorzugehen und anderseits die betroffene
Frau zu schützen. Wie die FIZ-Petition «Schutzprogramm für Betroffene von
Frauenhandel» deutlich aufzeigt, besteht in der Schweiz nach wie vor kein
Schutz für Frauen, die von Frauenhandel betroffen sind. Auf verschiedensten
Ebenen fehlen notwendige Änderungen, sei es in politischer,
rechtlicher oder sozialer Hinsicht.
Das FIZ-Gassenprojekt konnte in dieser kurzen Zeit sehr viele Frauen
erreichen und ihre Bedürfnisse wahrnehmen. Auch in bezug auf das Thema
Frauenhandel zeigte sich, dass das FIZ-Gassenprojekt, welches parteilich
arbeitet und einen politischen Anspruch hat, dringend notwendig ist. Die
Entscheidung der FinanzgeberInnen fiel jedoch negativ für das
FIZ-Gassenprojekt aus. Es stellt sich die Frage, inwiefern unabhängige
Organisationen mit einem politischen Auftrag in Zeiten des «new public
management» noch Chancen haben, finanziert zu werden.
Das FIZ-Gassenprojekt wurde jedenfalls, kaum einjährig, still und leise
begraben. Für das FIZ bedeutet dies jedoch nicht, dass die verschiedenen
Ziele nicht mehr verfolgt werden: Frauenhandel- und Gewaltprävention für
Frauen im Sexgewerbe, insbesondere für illegalisierte und dadurch
kriminalisierte Sexarbeiterinnen, parteiliche und politische
Beratungsarbeit, aber auch Öffentlichkeitsarbeit sind und bleiben wichtige
Pfeiler des FIZ.
Und was die Schwierigkeiten der Finanzierung unabhängiger und politischer
Projekte durch die öffentliche Hand betrifft: Statt Konkurrenz ist
gemeinsames Handeln angesagt.
Am 15.März wird die FIZ-Petition «Schutzprogramm für Betroffene von
Frauenhandel» dem Bundesrat überreicht, Eure Solidarität ist uns wichtig.
Weitere Informationen sind über das FIZ erhältlich.
Eva Danzl Suarez, FIZ-Beratung und Koordination des Gassenprojektes für
Frauen aus Afrika, Asien, Lateinamerika und Osteuropa im Sexgewerbe
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