Bulletin Nr. 16; Januar 1997

Bezirksgefängnis Horgen

Mit Rambos gegen Streik

Acht Gefangene im Bezirksgefängnis Horgen verweigerten am 10. Dezember, dem internationalen Menschenrechtstag, die Arbeit. Sie protestierten damit gegen ihre schlechte Bezahlung. Knastdirektor Ernst Zollinger schloss die acht Streikenden kurzerhand in einen Raum ein und alarmierte die Polizei. Daraufhin rückten dreissig Polizeiaspiranten, ausgerüstet mit kugelsicheren Westen, Maschinenpistolen und Hunden an. Laut Medienberichten seien die "Meuterer" daraufhin "lammfromm" in ihre Zellen zurückgekehrt. Der Chef der Justizdirektion, Ernst Weilenmann, sprach noch von einem "Lehrplätz für die Aspiranten", die Medien von der "Niederschlagung einer Meuterei". Von einem Streik gegen die miesen Arbeitsbedingungen sprach niemand.
Bereits im Frühjahr 1996 beklagten sich mehrere Gefangene im Bezirksgefängnis Horgen über die Haftbedingungen. Bei der Justizdirektion und der Gefängnisleitung protestierten sie gegen rassistische Äusserungen des Personals und das Essen, das schlecht sei und für einige nicht ihren religiösen Vorschriften entspreche. Zollinger reagierte auf die Vorwürfe ungehalten: Er liess einen sogenannten "Rädelsführer" verlegen und verhängte Disziplinarmassnahmen.
Ein in dieser Sache von den Gefangenen an die Justizdirektion gerichteter Brief wurde so beantwortet: «Leider können wir Ihren Brief nicht lesen (arabisch), deshalb schicken wir ihn an die Gefängnisdirektion zurück...»

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