Bulletin Nr. 49; Juli 2006



Aus der Medienmitteilung von augenauf Bern zur Razzia

die augenauf kritisiert das Vorgehen der Stadtpolizei Bern vom 18. Mai anlässlich der Razzia vor und in der Reitschule und hält fest:


– Die Stadtpolizei Bern hat am 18. Mai 2006 vor und in der Reitschule nicht gezielt «mutmassliche Dealer», sondern gezielt junge schwarze Männer verhaftet. Hellhäutige (Dealer) wurden gezielt in Ruhe gelassen.
– Dieses rassistische Vorgehen entspricht leider der stadtpolizeilichen Praxis der letzten 10–15 Jahre (Aktion Citro & Co.).
– TäterInnen sind oft PolizeigrenadierInnen der Drogeneinheit Krokus.
– Vor und in der Reitschule verkehren Menschen aller Hautfarben – u.a. auch junge schwarze Männer, die vor dem rassistischen Polizeiterror in die Reitschule flüchten. Die Reitschule ist einer der wenigen Orte in der Stadt Bern, wo Schwarze als Gäste willkommen geheissen werden.
– Gleichzeitig drängt die Stadtpolizei Drogendeal und Drogenszene in unregelmässigen Abständen in die Reitschule.
– Die Verantwortlichen der Stadtpolizei verharmlosen seit Jahren gezielt gewalttätige und rassistische Polizeiübergriffe gegen junge schwarze Männer. In Desinformationskampagnen werden diese als besonders «aggressive» und «gewaltbereite» Dealer dargestellt. Damit sollen die gegen sie gerichteten unverhältnismässigen und gewalttätigen Polizeiübergriffe gerechtfertigt werden. Die Bevölkerung soll sich daran gewöhnen und vom beherzten Einschreiten abgehalten werden.
– Schwarze Opfer von gewalttätigen PolizistInnen und ihre Angehörigen werden mit ihren Erfahrungen fast immer alleine gelassen. Als «Personen mit geringer Beschwerdemacht» werden sie weder von den obersten Verantwortlichen der Stadtpolizei noch von Justiz oder Politik in ihrem Anrecht auf körperliche und psychische Unversehrtheit sowie eine menschenwürdige Behandlung ernst genommen. Gegenanzeigen seitens der Polizei oder Ausschaffungsdrohungen sind für viele ein Grund, sich nicht an die Justiz zu wenden. Denn diese glaubt oft nicht den Opfern, sondern den TäterInnen in Uniform.
– Namentlich bekannte gewalttätige und rassistische PolizistInnen werden von der Polizeiführung und der Justiz (wenn überhaupt) mit extraweichen Samthandschuhen angefasst.
– Gewalt und Menschenverachtung seitens der Stadtpolizei trifft nicht nur junge schwarze Männer. So redete während der Razzia vom 18. Mai 2006 ein altbekannter ziviler Krokus-Stadtpolizist in der Reitschule nicht nur von «Scheiss-Negern», sondern im gleichen Atemzug auch von «Scheiss-Linken».


augenauf fordert:

– Wir fordern die Opfer von rassistischen, physischen und/oder psychischen Polizeiübergriffen auf, sich nicht von der Polizei einschüchtern zu lassen und sich zu wehren – juristisch, medial, politisch, sozial und/oder kulturell.
– Wir fordern die Gäste und die Arbeitenden der Reitschule auf, bei Polizeirazzien auf dem Vorplatz gezielt die PolizistInnen zu beobachten und bei Übergriffen aller Art verbal und allenfalls physisch einzugreifen. Bei Übergriffen bitten wir sie, sich den Opfern als ZeugInnen zur Verfügung zu stellen.
– Wir fordern nichtgewalttätige und korrekte PolizistInnen auf, sich nicht am Stadtpolizei-internen Schweigen zu beteiligen und gewalttätige und rassistische KollegInnen zurückzuhalten, zu konfrontieren und/ oder bei ihren Vorgesetzten zu melden.
– Wir fordern die Polizeiführung auf, Polizeibrutalität und Rassismus zu verurteilen und hart zu ahnden. Gewalttätige PolizistInnen müssen entweder in für die Öffentlichkeit ungefährliche Bürojobs versetzt oder entlassen werden. Es reicht nicht aus, mit internen Kursen wie «Wir und die Fremden» gegen aussen den Anschein von Korrektheit zu wahren. Die Stadtpolizei hat seit Jahren ein Gewalt- und Rassismusproblem
– das kann auch kein/e MediensprecherIn wegreden.
– Wir fordern Stadtparlament und -regierung auf, sich dem Problem von Gewalt und Rassismus in der Stadtpolizei zu stellen. Die Stadt Bern ist für alle da – es darf nicht sein, dass sich ein Teil der Bevölkerung wegen ihrer Hautfarbe kaum noch in die Stadt getraut.
– Wir fordern die StadtbewohnerInnen und -benützerInnen auf, hin- und nicht wegzuschauen, wenn es um Gewalt und Rassismus der Stadtpolizei und anderer Uniformierten geht.
– Wir fordern die TäterInnen in der Stadtpolizei auf, von ihrem rassistischen und gewalttätigen Tun abzukommen. Ansonsten sollen sie so konsequent sein und aus dem Polizeidienst scheiden – denn Hooligans haben bei der Stadtpolizei nichts zu suchen.

augenauf Bern

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