Bulletin Nr. 48; April 2006
augenauf fordert: Löschung aller an der Anti-WEF-Demo gesammelter Daten
Mit Zuckerbrot und Peitsche
Trotz massivem Polizeiaufgebot fand in Basel am 28. Januar
eine kraftvolle Anti-WEF-Demonstration statt. Die Datensammelwut der Polizei kannte kaum Grenzen.
Im letzten Jahr ging die Basler Anti-WEF-Demo als grösster
Polizeieinsatz aller Zeiten in die lokale Geschichte ein: In einem
absolut widersinnigen Mengenverhältnis standen Hunderte von
Polizeibeamten aus der halben Deutschschweiz einigen hundert
DemonstrantInnen gegenüber und erstickten die angekündigte
Demo im Keim. 777 Menschen wurden registriert, ungefähr 150
verhaftet und über 50 bekamen einen Strafbefehl, der ihnen kurz
vor der diesjährigen Anti-WEF-Demo ins Haus flatterte (siehe
Kasten).
Neben den Strafbefehlen sorgten auch von der Polizei entworfene
Horrorszenarien im Januar für ungünstige Vorzeichen.
Darum entschloss
sich die neu gegründete
«Plattform
gegen zunehmende
Polizeirepression
», neutrale,
gut sichtbare BeobachterInnen
für
den Tag der Demonstration
einzusetzen.
So waren am Tag der nationalen Anti-WEF-Demonstration
in Basel an allen neuralgischen Punkten Menschen mit leuchtend
orange-farbenen Gilets mit der Aufschrift «Anti-Rep-Plattform-
BeobachterIn» unterwegs – im Unterschied zu den zahlreichen
Zivilfahndern, die versuchten, inkognito zu bleiben. Auch wenn es
nicht zu üblen Übergriffen kam, erwies es sich als nötig, dass die
Anti-Rep-Plattform-BeobachterInnen – darunter mehrere augenauf-
Mitglieder – in der Stadt sichtbar präsent waren und damit
der Polizei zu verstehen gaben: Wir schauen euch auf die Finger.
Massenkontrollen in der Festung Bahnhof
Der Bahnhof SBB beispielsweise war an jenem Januar-Samstag
bestens bewacht. KantonspolizistInnen aus Bern und Basel-Stadt
standen in Gruppen von ca. 20 Leuten an jedem Eingang. Am Sei
teneingang Richtung Post warteten nicht
weniger als ein Dutzend vergitterter Kastenwagen
auf ihren Einsatz. Wer ein bisschen jung
und/oder links aussah und die Festung Bahnhof
verlassen wollte, wurde polizeilich kontrolliert,
Rucksäcke durchsucht und Personalien
notiert. Die Kontrollen liefen mehr oder weniger
anständig ab, sie waren jedoch absolut
übertrieben: Die Demo war bewilligt, die Route
zusammen mit der Polizei festgelegt, und im
Vorfeld war so viel Panik geschürt worden,
dass viele sich gar nicht mehr in die Stadt trauten.
Trotzdem lief die Demo kraftvoll und friedlich
ab, was sogar Polizeisprecher Klaus Mannhart
vor der Presse konstatierte. Nur Telebasel
suchte verbissen nach bösen Chaoten und
fand Farbeier und Sachbeschädigungen.
augenauf fordert die Löschung aller bei
den Personenkontrollen gesammelten Daten.
Es geht auch nicht an, dass die Polizei die
Stadt wegen einer bewilligten Demonstration
in einen Ausnahmezustand versetzt.
Zudem verlangt augenauf, dass man in
Zukunft das Grundrecht der Demonstrationsfreiheit
wieder frei ausüben kann – auch in der
Schweiz und auch wenn es ums WEF geht.
Strafbefehle: Wehrt euch!
Am 29. Januar 2005 verhinderte die Polizei in Basel eine Anti-WEF Demonstration.
Mit einem Grossaufgebot schloss sie innert einer Viertelstunde die etwa 1000
Demonstrierenden und zufällig Anwesenden in einem Kessel ein. Das Gelände vor
der Barfüsserkirche wurde innert kürzester Zeit mit Absperrgittern eingezäunt.
Pünktlich zehn Tage vor der diesjährigen Anti-WEF Demo hat nun das Strafgericht
Strafbefehle in Höhe von je Fr. 1100.– verschickt (Fr. 750.– Busse, Fr. 100.–
Gerichtskosten, Fr. 250.– für den Polizeieinsatz). Auf Anfrage sagt die Polizei, dies
sei nicht absichtlich geschehen, sondern ein ungeschickter Zufall, ja, die Staatsanwaltschaft
habe, und das Strafgericht, und sowieso, man wolle also niemanden
einschüchtern oder gar provozieren …
Da Bussen ab einer Höhe von Fr. 500.– automatisch ins Strafregister eingetragen
werden, sollen auch die im Basler Kessel festgesetzten DemonstrantInnen auf
diese Weise bestraft und diszipliniert werden. Dass sie auch für den vom Sicherheitsdepartement
angeordneten polizeilichen Aufwand aufkommen müssen, ist
zusätzlich absurd.
Einige Betroffene haben gegen den Strafbefehl Einspruch erhoben und müssen
mit einem Gerichtsverfahren rechnen. Ein Anklagepunkt lautet auf Zuwiderhandlung
einer behördlichen Verfügung, die darin besteht, den Polizeikessel nicht
innert drei Minuten verlassen zu haben – was wegen der geschlossenen und
undurchdringlichen Polizeiketten unmöglich war.
Die Anti-Repressionsgruppe Basel sucht nun ZeugInnen, die sich am 29. Januar
2005 auch im Kessel befanden. Gemäss Bericht eines Aussendienstoffiziers der
Sicherheitsabteilung wurden 777 Personen während der ganzen Einsatzdauer
registriert.
Meldet euch bei der Anti-Repressionsgruppe Postfach, 4005 Basel, Telefon
079 608 91 86 oder anti-rep-basel@gmx.ch.
augenauf Basel
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